Liebe Auswanderer, vermeiden Sie Contract-Cheating, sonst kann es ungemütlich werden.
Was kostet es eigentlich, wenn man vermeintlich Hilfe bei bestimmten Schritten im Berufsanerkennungsverfahren für ein permanentes Visum in Australien sucht?
Liebe Auswanderer, planen auch Sie ein Berufsanerkennungsverfahren für Ihren Visaantrag zu starten, dann ist der heutige Fall sicherlich von Interesse.
Wer heutzutage Contract-Cheating im Visumverfahren in Erwägung zieht, weiß nicht was er tut. Wenn Sie es trotzdem tun, werden Sie eines Tages merken, was Sie getan haben!
Frank P., ein Software-Entwickler aus Hamburg, wurde gerade sein Permanentes Visum aberkannt. Und dass, nachdem er bereits 4 Jahre mit seiner Familie in Australien lebte. Der Grund: Contract-Cheating.
Die gesamte Familie steht nun vor den Scherben ihres in Australien aufgebauten Lebens und sucht nach einer Erklärung.
Worum geht es?
Für eine Vielzahl von akademischen Berufsgruppen sind im Rahmen eines Berufsanerkennungsverfahren Projektberichte als Nachweis für frühere erbrachte berufliche Lernleistungen zu erstellen. Es geht dabei um das Verfassen von Berichten, die Einzelheiten zur Berufserfahrung und den Herausforderungen im Berufsleben enthalten sollen.
Die Vorgaben zur Erstellung von Berichten ist komplex und selbstverständlich müssen die einzureichenden Berichte auch noch in Englisch verfasst werden. Berufsanerkennungsbehörden weisen bei Antragstellung darauf hin, dass alle Berichte eigenständig zu verfassen sind.
Zwei Beispiele zur Verdeutlichung:
- Ingenieure müssen für einen „competency demonstration report“ (CDR) bis zu drei „career episodes“ und ein „summary statement“ für EA (Engineers Australia) erstellen: engineersaustralia.org.au
- Informatiker müssen im RPL-Verfahren von ACS (Australian Computer Society) bis zu zwei „project reports“ erstellen: acs.org.au/
Von diesen Berichten hängt viel ab: Nämlich die berufliche Anerkennung und gleichzeitig der damit verbundenen Visumantrag in Australien.
Es ist also erst einmal naheliegend, wenn sich Antragsteller vermeintlich „Hilfe“ suchen. Es gibt eine Vielzahl von kommerziellen Anbietern (sogenannte Ghostwriter). Wie so häufig wird man im Internet oder auf Facebook schnell fündig.
Googeln Sie doch einmal selbst nach „CDR writer australia“ oder „RPL writer australia“.
Sie werden eine Vielzahl von Unternehmen und Ghostwritern finden, die Sie für die Erstellung Ihrer Berichte beauftragen können.
Unser Software-Entwickler aus Hamburg fand diese Möglichkeit effizient, war er doch in ein großes Projekt eingebunden und hatte kaum Zeit.
Zur Sicherheit fragte er bei einem Ausbildungsberater nach. Denn hier gab es kostenlose Beratung. Der Berater gab den Rat, dass ein Ghostwriter sicherlich hilfreich wäre und empfahl auch gleich noch eine Firma. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Ausbildungsberater eine Prämie für die Vermittlung von neuen Kunden bekäme, gleichzeitig hat Frank P. mit der Empfehlung einen 25% Rabatt erhalten. Wir kommen auf diesen Punkt nochmals zurück.
Das Honorar für den Ghostwriter war schnell bezahlt. Wichtige persönliche Informationen wie Lebenslauf und Arbeitszeugnisse wurden per Email an den Ghostwriter versendet und die Berichte wurden auch wie versprochen erstellt und geliefert.
Sechs Monate später hielten Frank P., seine Partnerin und die Kinder ihre permanenten Visa in den Händen.
Das klingt doch alles nach einer Erfolgsstory.
Was meinen Sie liebe Leser?
Wo liegt hier der sprichwörtliche Hund begraben?
Was ist Contract-Cheating?
Wikipedia bezeichnet Contract-Cheating als „die wissentliche Verwendung von Leistungen Dritter in hauptsächlich akademischem Kontext. Die Leistungen werden dabei mit Zustimmung der Dritten als eigene Leistung ausgegeben, obwohl ausdrücklich eine eigenständige Leistung gefordert ist.“ (Quelle: wikipedia)
Contract-Cheating unterscheidet sich dabei vom Plagiat, da willentlich die (unerlaubte) Hilfe Dritter (Ghostwriter) beauftragt wird - und dafür bezahlt wird.
Bitte erinnern Sie sich noch einmal: Berufsanerkennungsbehörden weisen bei Antragstellung darauf hin, dass alle Berichte eigenständig zu verfassen sind.
Und genau hier liegt der Hund begraben.
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Wie kam es nun zum Verlust der australischen Visa?
Lieber Auswanderer, in unseren vorherigen Kolumnen haben wir bereits mehrfach über die Verwendung von Algorithmen und künstlicher Intelligenz durch das Department of Home Affairs in Australien hingewiesen (Charakter Test für Auswanderer)
Wir alle wissen, dass manch ein Politiker durch einen einfachen Plagiatssuchlauf seinen Doktor-Titel verloren hat.
Es ist also bekannt: „einfaches Abschreiben“ funktioniert (auch im Rahmen eines australischen Visaantrages) nicht.
Im Umkehrschluss: Das Geschäftsmodel der Ghostwriter musste in den letzten Jahren starke Einbußen hinnehmen.
Und nun ist ein neues Phänomen aufgetaucht. Einige Ghostwriter haben sich offenbar zu dunkleren Taktiken entschlossen: Erpressung.
Und wenn Sie uns nicht glauben, dann lesen Sie bitte zuerst diesen Artikel im Sydney Morning Herald vom 29.03.2024: „Diese Studenten haben bei einem Test geschummelt und sind davongekommen. Dann begann die Erpressung.“
Sie erinnern sich noch an unseren Software-Entwickler Frank P. aus Hamburg?
Genau drei Jahre nach Erhalt seines Visums wurde Frank von seinem Ghostwriter kontaktiert.
Dieser forderte nun eine höhere Geldsumme, ansonsten würde er die Berufsanerkennungsbehörde informieren.
Der Ghostwriter verwies darauf, dass die persönlichen Unterlagen von Frank vorliegen. Darüber hinaus sei auch der Vertrag mit Zahlungsnachweis eindeutig und somit der Sachverhalt für die Behörde -auch im Nachgang- nachvollziehbar.
Frank P. entschied sich, den Fall der australischen Polizei zu melden. Er würde sich auf keinen Fall erpressen lassen.
Erpressungen sind selbstverständlich auch in Australien rechtswidrig. Die Polizei nahm Ermittlungen auf und kontaktierte die Berufsanerkennungsbehörde.
Liebe Auswanderer, wenn Sie diese Kolumne häufiger lesen, vermuten Sie sicherlich schon, wie es weitergeht.
Wie Domino-Steine sind die Bescheide der Behörden gefallen:
- Die Berufsanerkennungsbehörde annullierte umgehend die erteilte Berufsanerkennung und informierte das Department of Home Affairs.
- Das Department of Home Affairs annullierte umgehend die permanenten Visa – für die ganze Familie.
Folgen bedenken
Alle Berufsanerkennungsbehörden in Australien fordern ausdrücklich, dass vorgelegte Berichte ausschließlich vom Antragsteller verfasst sein müssen.
Hier der Text im Original für Informatiker:
“It is essential that the Project Reports you provide are exclusively your own work and have not been outsourced to any third-party service, such as a writing or editing agency.
ACS reserves the right to employ software tools to cross-check for similarities to previously published material or other submitted applications.” (Quelle: www.acs.org.au/)
Liebe Auswanderer, seien Sie vorsichtig, wenn Ihnen kostenlose Ratschläge angeboten werden.
Es gibt in Deutschland kaum unabhängige Auswanderungsberatung, sondern in erster Linie provisionsgetriebene Verkäufe von Visaklassen (z.B. durch Ausbildungsberatern, Reiseberatern oder Education Agents).
Bitte verstehen Sie uns richtig. Wir haben nichts gegen die Menschen, die in diesem Metier arbeiten. Nur können wir uns mit den Systemen, in die sie eingebunden sind, nicht anfreunden.
Wir hatten bereits an anderer Stelle vor provisionsgetriebenen Verkäufen und Kopfprämien im Rahmen einer "unabhängigen Auswanderungsberatung" gewarnt. Das kann nicht gut gehen, das muss im Chaos enden.
Achtung: $8000,00 Kopfprämie nicht verschenken!
Wer nicht bereit ist, für neutralen Rat faire Honorare zu bezahlen, bekommt die Kost, die er gewählt hat.
Bildung und Erfahrung eines unabhängigen Beraters sind die einzige Vorsorge gegen Reinfälle beim Auswandern nach Australien.
Und wenn Sie dennoch über eine Hilfe bei der Erstellung Ihrer Berichte für ein Berufsanerkennungsverfahren nachdenken, lesen Sie doch bitte vorab unsere Artikel:
Charakter Test für Auswanderer
Der richtige Weg für Auswanderer
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Aktuelle Informationen zum Thema "Visum Australien" auf einen Blick im Blog für Auswanderer:
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